Wir schreiben das Jahr 2019; Ostermontag; 06:00 Uhr. Ganz Deutschland schläft. GanzDeutschland? Nein, im Rheinland quälen sich die Ersten aus den Betten und schon leise hallt es durch die laue Frühlingsluft:
„Ja, wir sind die Krabbelkäfer …“
Ja, wir sind die Krabbelkäfer mit Müttern, Vätern und Artverwandtenderer, die sich normalerweise freitags um 16:00 Uhr in St. Augustin zum KiBoTu treffen; zum begleiteten Turnen für Kinder mit Beeinträchtigungen. Aber nicht heute, denn heute geht ?s los, op Jück, auf Tour nach Herbstein. Also nehmen Sie sich bitte etwas Zeit für uns und wir nehmen Sie mit auf eine Reise, die Ihnen zeigt, was wirklich wichtig ist: Kinder das sein zu lassen, was sie sein sollten; einfach Kind. Nicht behindert, nicht am Rande der Gesellschaft, nicht von allen beglotzt sondern einfach Kind. Genau das wird bei den Krabbelkäfern gelebt und vermittelt; Lebensmut und Lebensfreude.
Jetzt aber los, denn um 11:00 Uhr treffen wir uns zum Fototermin mit Sponsorenund Vertretern des Kinderschutzbundes. Die sind es nämlich, die den ganzen Spaß erst für uns ermöglichen, und da ist es ein Minimum, sich zu Bedanken. Ja, auch Ostermontag-Vormittags, wenn andere noch schlafen. Aber die Sonne scheint uns ins Gesicht; WennEngel reisen…Ab in die Autos und los nach Herbstein in Hessen. Noch nie davon gehört? Wir auch nicht. Man muss hinter Gießen irgendwann von der Autobahn runter und dann 40 Minuten übers hügelige Land. Und siehe da, hier leben noch Menschen und genau hiergibt es das Vogelsbergdorf, eine wunderschön gelegene und für Familien ausgelegte Ferieneinrichtung des Kolpingwerkes.
Auch wenn nicht alle Autos die beschwerliche Reise an die deutsche Märchenstraße überstanden haben, so stärkt dieser Umstand am Anfangdirekt die Einheit der Gruppe. Angekommen werdenerstmal die Bungalows in Beschlag genommen bevor der einzigartige Spielplatz im Herzen der Anlage ausgiebig erkundet wird. Und was gibt es hier alles zu entdecken. Eine Arche Noah, einen riesigen Kletterwal oder einen Rutschenturm der seines Gleichen sucht. Zu spät entdecken wir leider auch, dass es am Ankunftstag Kaffee und Kuchen im Gemeinschaftsraum gibt. Aber nicht so spät, dass wir vor dem Abendessen uns noch ausgiebig daran laben können. Also von einem Essen zum Nächsten. Verhungern konnte hier eh niemand. Die Essen sindklar durchgetaktet, gut und reichlich. Und immer wieder Grund sich immer wiederneu gewürfelt zusammen zu setzen und sich auszutauschen. Um 19:00 Uhr werden wir dann offiziell und musikalisch vom Herbergsvater, einer Mischung aus Jürgen von der Lippe und Prof. Dumbledore, begrüßt und organisatorisch auf den neuesten Stand gebracht. Die Hiobs-Botschaft kommtzum Schluss: „Reiten morgen früh ist um 09:00 Uhr am anderen Ende von Herbstein!“. Junge, wir haben Urlaub!!!Hilftalles nichts, also den Wecker auf halb sieben gestellt und ab ins Bett
…. Piep, Piep, Piep … Piep, Piep, Piep…,
Auf in einen neuen Tag. Und nach Warmlaufphase, erstem Kaffee auf der Terrasse und den ersten Gästen von nebenan gibt ?s um 08:00 Uhr Frühstück.Schnell was zwischen die Kiefer, danach noch eine erneute Grundreinigung der Halblinge, und ab zur Ranch. Und wer denkt, man springt direkt aufs Pferd und es würde los gehen, Fehlanzeige. Zuerst dürfen sich die Kleinen den Pferden langsam nähern, bekanntmachen und dann ausgiebig bürsten und Hufe pflegen. Gestatten, wir sind Balu, Otto und Reykur. Drei große Pferde mit einer Seelenruhe.
Das Glück der Erde liegt auf dem Rücken der Pferde.
Selten habe ich ein Sprichwort mehr verstanden, als indiesen Tagen in und um die Reithalle. Die Freude in den Augen der Kinder und das Glück darüber in den Augen der Eltern ist nicht in Worte zu fassen.
Es ist eine Dankbarkeit darüber, die bleibt.
Für nach dem Mittagessen wurde eine Ruhezeit angesetzt, denn um 15:00 Uhr sindwir alle zum Geburtstag geladen. Oder, um die Kleinen zu zitieren: ?… endlich Süßigkeiten ohne Grenzen ?.Hauptact ist eine Wanderung durch die umliegenden Wälder, auf der uns die Herbergsmutter die ein oder andere Mär aus der Gegend näher bringt. Schlangen, weiße Frauen, kopflose Reiter, … so manchmal istman froh, dass die Kinder nicht ganz so aufmerksam sind.Zurück im Dorf istes bereits wieder Zeit zum Essen und für danach haben sich einige in den abendlichen Kurs fürs Filzen eingeschrieben. Meiner einernicht, und das ist auch gut so, und auch über den Kurs gabesnachträglichvariierende Aussagen. Allerdings wurden am nächsten Abend Wiederholungstäter gesichtet.
Ja, der nächste Tag. Fürs Reiten wurden wir in zwei Gruppen separiert, und wir sinddie späte der Beiden. Endlich bekommtauch der Morgen Urlaubscharakter. Für den Nachmittag haben wir uns für Sommerrodeln auf dem Hoherodskopf verständigt. Die Idee istgut, das Ergebnis noch viel besser. Jeder kommthier auf seine Kosten, ob durch Eis, Spielplatz, Trampolin, Musikpferd, oder, oder, oder… . Ein gelungener Nachmittag, der nach dem Abendessen mitLagerfeuer und Popcorn gekrönt wird. Der Herbergsvater hat seine Klampfe mitgebracht und die Kinder dürfen sich einen Hit nach dem anderen aus der Welt von Rolf Zuckowski, der Mundorgel, oder der Kindergarten-Chartswünschen. Anscheinend waren auch Regentänze dabei, denn gegen 20:30 Uhr kippt das Wetter schlagartig um.
Aber am nächsten Morgen istdas alles schon Vergangenheit. Nur kälter istes nun. Für uns heißtes ein letztes Mal aufs Pferd. Der Nachmittag stehtzur freien Verfügung und während wir bereits auf dem Rückweg sind, vergnügen sich einige in Fulda, um dann abendszu einem Abschiedsabend zusammen zu kommen. Am Freitag heißtes dann für alle Abschied nehmen. Abschied nehmen von einem tollen Reitteam, dass mit viel Einfühlungsvermögen die Verbindung zwischen den Pferdenund den Kindern ermöglicht hat;einer tollen Location, die mit viel Herzblut von den Herbergseltern geführt wird und den Kindern, wie auch den Eltern viel mehr zu bieten hat, als wir in der kurzen Zeit entdecken konnten. Abschied nehmen von einem schönen Städtchen, eingebettet in eine traumhafte Frühlingslandschaft; und natürlich Abschied nehmen von den Kindern und Eltern. Aber die sehen wir ja schon bald wieder. Vielleicht schon am nächsten Freitag.
„… Krabbelkäfer,Krabbelkäfer, wir war ?n alle da!“
Und einen Dank ans Organisationsteam, ohne die die Tour nicht so glatt gelaufen wäre.